Schwaben-Ehre

Spätzle im Sonnenuntergang

Jeder hat so ein Angstgericht. Um dessen Zubereitung man einen großen Bogen macht. Entweder weil es sich krass-kompliziert anhört, oder man beim Versuch schon mehrfach gescheitert ist. Also am Besten in die hinterste Ecke des Rezept-Regals stopfen und nie wieder daran denken. Wären da nicht – ja – die sozialen Verpflichtungen und die Erwartungshaltung des Umfelds. Sei es der Hefezopf, dessen Fluffigkeit als Qualitätsmerkmal einer guten Schwiegertochter hochstilisiert wird, oder der Sonntagsbraten, der doch schon irgendwie dazugehört, wenn es auch nicht unbedingt Sonntag sein muss. Bei mir war es noch viel simpler und doch so kompliziert: die Spätzle.  

Sagt jetzt nichts, ich weiß, dass es für viele nichts Einfacheres gibt. Wasser, Mehl, Eier, Salz, fertig. EBEN NICHT!  Je weniger Zutaten, umso mehr kommt es auf deren Qualität und Beschaffenheit an, das Mengenverhältnis und – es gibt kein Rezept bei dem ich mehr davon überzeugt bin, dass man hier die An- oder Abwesenheit förmlich messen kann – Liebe. Liebe und das richtige Mehl. Nämlich Spätzlemehl oder doppelgriffiges Mehl, wenn ihr denn einen Laden hat, der Spätzlemehl unter diesem Namen führt.

Also habe ich unter hohem gesellschaftlichen Druck noch einen letzten Versuch mit Spätzlemehl und Liebe gestartet, mit dem festen Ziel die Spätzlepresse wegzuschmeißen, wenn es wieder nicht funktioniert und nie wieder über dieses dunkle Kapitel zu sprechen. Wie ihr euch aber sicher schon denken könnt, hat es diesmal funktioniert. Es kam kein dicker Teigklumpen raus, der sich nicht pressen lassen wollte oder ein dünnflüssiger Brei, der sich im heißen Wasser schneller verflüchtigt hat als ich mit der Schaumkelle hinterherrudern konnte. Sondern wie es eben sein soll: Schöne lange Spätzle, bissfest und zugleich zum auf der Zunge zergehen lassen. Ein Moment der Erlösung, als ich sie aus dem Topf fischen konnte. Innerlich habe ich eine Freudenträne vergossen. Meine Ehre als Schwäbin war wieder hergestellt.

Für den großen Spätzle-Hunger braucht ihr:

  • 250g Spätzlemehl (kein anderes! Lasst euch nix einreden!)
  • 5g Salz
  • 3 Eier
  • 50ml Mineralwasser mit Kohlensäure (bei Bedarf etwas mehr)

Zunächst gebt ihr alle Zutaten in eine Rührmaschine (wer Lust auf Ausdauertraining hat, kann auch schon mit dem Holzlöffel starten) und lasst sie zu einem homogenen Teig verarbeiten. Der Teig braucht genau die richtige Balance zwischen zäh und flüssig; sprich: zähflüssig. Wenn er einigermaßen gut aussieht, kommt der Holzlöffel zum Einsatz. Nun schlagt ihr den Teig mit dem Löffel so lange kräftig, bis er schön glänzt und sich kleine Bläschen bilden. Die Konsistenz könnt ihr testen, indem ihr etwas Teig auf den Löffel nehmt und es heruntertropfen lasst. Er soll nicht fließen, aber dennoch elastisch und etappenweise seinen Weg nach unten finden. Wenn nach eurem Gefühl alles passt (ich sag ja: Liebe! :-)), kann der Teig in Spätzleform zu Wasser gelassen werden.

Füllt einen großen Topf mit Salzwasser und bringt es zum Kochen. Dreht die Hitze dann herunter, sodass das Wasser immer kurz vorm Kochen ist bzw. ganz leicht köchelt. Nehmt jetzt das Hilfsmittel eurer Wahl (Spätzlepresse, Reibe, Brettchen. Mit was ihr euch eben traut! Ich habe keine Ahnung wie das „Schaben“ in angemessener Geschwindigkeit von statten gehen soll. Für mich war die Presse die beste Wahl), feuchtet es gut mit Wasser an und gebt etwas Teig (die Presse fülle ich zu 2/3) hinein. Mit gleichmäßigem Druck (bei der Presse-Variante) werden die Fäden ins Wasser gelassen. Wenn sie euch zu lang erscheinen, hebt die Presse immer mal wieder in ruckartigen Bewegungen in die Höhe. Wenn eine Portion durch ist, wird einmal kurz aufgekocht, umgerührt und dann sofort mit einer Schaumkelle abgeschöpft. Bevor ich die nächste Portion Teig in die Presse fülle, schneide ich Teigreste mit einem Messer ab, damit nichts verklumpt. Dann geht es von vorne los. Die fertigen Spätzle kommen bei 100°C in den Ofen bis alle soweit sind. Danach kommen sie gleich auf den Tisch.

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