Niemand mag Menschen, die einem, wenn man etwas Neues entdeckt hat und voller Enthusiasmus davon berichtet, trocken arrogant erwidern: „Das kannte ich schon bevor es cool war.“ Aber kennt ihr auch dieses Gefühl gesunden Misstrauens, wenn etwas als „Experience“ angepriesen wird und man für viel Geld Kurse besuchen kann, in denen man Whisky, Sushi oder in diesem Fall Umami, eine Geschmacksrichtung, erleben soll? Meistens kennt dort keiner den Unterschied zwischen Whiskey und Whisky oder hat noch nie etwas von einem Santoku Messer gehört. Spätestens wenn diese Kurse dann bei Groupon landen, weisßman, dass der Hype vorbei ist. Es tut mir sehr leid, aber ihr kanntet Umami auch schon, bevor es cool war!
Eigentlich ist Umami ein alter Hund. In der Wissenschaft spricht man offiziell seit 1985 vom „fünften Geschmack“ und natürlich schätzt man den Geschmack an sich schon seit der Zeit der Römer, die für ihr Leben gern Garum, eine Soße aus fermentiertem Fisch, zum Würzen benutzten. Auch in der Haute Cuisine des späten 19. Jahrhunderts experimentierte Auguste Escoffier mit Umami und kombinierte den Geschmack zum Beispiel mit Süßem, was ihn zum Urhipster macht. Auf tumblr, instagram und pinterest sucht man nicht lange nach Bacon Cookies oder Bacon mit Karamell, Escoffier war wirklich seiner Zeit voraus.
Umami schmeckt man besonders oft in eiweißreichen Speisen, wie Fleisch, reifen Shii-Take Pilzen und Maggi-Würze. Omas Suppe schmeckte also mit einem Schuss Umami besser. In meiner Jugend ging mal das Gerücht herum, Maggi sei aus vergammelten Schweineresten hergestellt, was nicht stimmt, die Maggi-Würze ist rein pflanzlich. Interessanterweise kann man den Umami-Geschmack aber genau auf diese Weise konzentrieren, nämlich durch Fermentieren. Egal ob dänischer Lutefisk, Garum oder Fischsauce, man findet diese Vorgehensweise überall. Unbestrittene Meister des Umami sind aber die Japaner. Ein Beispiel dafür ist Katsuobushi, etwas das ich erst mal nicht glauben wollte. Dabei handelt es sich um getrockneten, geräucherten und dann fermentierten Thunfisch, der wie Holz gehobelt werden kann und einer der Hauptbestandteile der berühmten Dashi-Brühe ist.
Aber wie kann es sein, dass selbst in Japan erst 1905 jemand auf die Idee kam den Geschmack zu benennen? Die Frage kann man, komplementär, auf zwei Arten beantworten. Die erste ist, dass wir es nicht mussten. Ein Prinzip in der Sprachwissenschaft ist Effizienz. Das heißt, wir hatten immer die passenden Worte, wenn wir den Koch loben wollten:“Mmmh, diese Brühe war schön fleischig.“ Im Deutschen hat auch „deftig“ diese Funktion übernommen, wir brauchten also kein einzelnes Wort. Die zweite Antwort ist, dass wir es aus überlebenstechnischen Gründen nicht mussten. Süßes Essen deutete für unsere Ahnen auf sehr nahrhaftes Essen hin, während man vor Bitterem oft warnen musste, da es giftig sein konnte. Umami kommt in der Natur hauptsächlich in Fleisch vor, welches nach der neolithischen Revolution nicht mehr die Hauptnahrungsquelle darstellte. Damals wuchs die Bevölkerung gewaltig, was auf die Einführung der Landwirtschaft zurückzuführen ist. Auch zu der Zeit, als sich zum Beispiel das Altenglische entwickelte, ca.450 n.Chr., ernährte der Mensch sich hauptsächlich von Getreide und Gemüse. Wenn Fleisch auf den Tisch kam, wurde es als das bezeichnet, was es war, also ein Braten, Wurst oder Speck. Das zeigt die besondere Bedeutung, die dem raren Gut zugewiesen wurde. Erst in der Zeit der Industrialisierung, die rein zufälliger Weise zu Zeiten von Escoffier stattfand, wuchs der Verzehr an Fleisch erstmals wieder signifikant. Nicht viel später, 1908, forschte der Japaner Ikeda Kikunae nach dem „neuen“ Geschmack: Umami.
Leider steht Umami auch für einen anderen Trend in der Nahrungsmittelverarbeitung und zwar den Geschmacksverstärkern. Der Geschmack von Umami lässt sich zurückführen auf Glutamat, das künstlich synthetisiert besonders in der asiatischen Küche Gerichten zugesetzt wird. Das vielfach höher dosierte Glutamat im Essen, auch als MSG bekannt, führt bei vielen Menschen zu Kopf- und Gliederschmerzen und macht unheimlich durstig. Wenn ihr Glutamat nicht extra zusetzt, braucht ihr euch aber keine Gedanken machen. Und wer jetzt doch neugierig ist oder einfach nur was Leckeres kochen will, für den haben wir hier ein Rezept für Lamm in Austernsoße, eine Umami-Explosion:
Zutaten (für 4):
- 400 g Lammkeule ohne Knochen
- 1 Stange Lauch
- 1/2 Zwiebel
- 8 Shii-Take Pilze
- 2 Zehen Knoblauch
- 2 cm Ingwer
- 4 EL Austernsoße (gibts im Asiaregal)
- Reiswein (Ich schummel manchmal mit Tequila)
- 1 EL Maisstärke
- 1 EL Sojasauce
- 1 TL Zucker
Verührt den Zucker und die Maisstärke mit Reiswein, bis sich die Stärke aufgelöst hat. Schneidet das Fleisch in dünne Streifen und achtet dabei darauf, eventuelle Sehnen und übermäßiges Fett abzuschneiden. Macht am besten eine Brühe damit! Schneidet den Lauch in 1cm dicke Streifen, würfelt die Zwiebel und hackt Ingwer und Knoblauch klein. Bürstet die Pilze und schneidet die Stiele ab. Bratet das Fleisch in einem Wok mit heißem Öl an, bis es nicht mehr rosa ist und legt es beiseite. Gebt in das noch heiße Öl den Ingwer und den Knoblauch. Gut Rühren, damit es nicht anbrennt! Nach 1 Minute den Lauch, Zwiebeln und Pilze in die Pfanne geben und kräftig anbraten. Löscht das Gemüse mit dem Reiswein-Stärke Gemisch ab, gebt Sojasauce und Austernsoße hinzu, fügt das Fleisch wieder hinzu und köchelt da ganze noch ungefähr 5 Minuten. Am besten schmeckt dazu Reis.
Sieht super lecker aus 😊
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Dankeschön, das freut uns sehr, bei dem nasskalten Wetter darf es ruhig etwas herzhafter sein!
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